„Alle müssen wissen, weshalb sie das tun“

Trainer Ivan Kavran erklärt den Erfolg der A-Jugend-Handballerinnen des HTV Hemer, und er hat große Ziele

Willy Schweer

Hemer Die Qualifikation der A-Jugend-Handballerinnen für die Bundesliga-Zwischenrunde mit den 16 besten deutschen Mannschaften ist der größte Erfolg des HTV Hemer im weiblichen Nachwuchsbereich überhaupt. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Vorrunde und Platz zwei hinter Bayer Leverkusen sprachen wir mit Trainer Ivan Kavran (35) über die Leistungsentwicklung des Teams, über die neuen Ziele und die Perspektiven.

Zu Beginn des Jahres hat Ihre Mannschaft die Oberligaserie bestritten und um die Westfalenmeisterschaft gespielt. Konnte man damals einen solchen Erfolgsweg schon erahnen?

In der Coronazeit war das nicht absehbar. Wir hatten vier Monate Pause, ganz ohne Mannschaftstraining. Dann durfte es wieder losgehen, aber niemand konnte zunächst sagen, wann, wo und gegen wen gespielt wird. Das war eine schwierige Zeit, und umso höher ist der Erfolg jetzt einzuschätzen.

Was waren die zentralen Voraussetzungen, was zeichnet Ihre Mannschaft aus?

Kampfgeist und Teamgeist stehen obenan. In der Coronazeit hat sich gezeigt, dass wir wirklich eine Mannschaft haben. Es gab jeden Tag Videotraining, und alle haben mitgemacht.

Wie haben Sie die Spielerinnen damals motiviert?

Ich habe ihnen allen gesagt, dass sie wissen müssen, weshalb sie das überhaupt tun. Doch nicht für den Trainer oder für Mama und Papa. Es geht darum, im Sport etwas zu erreichen, und jede Spielerin muss letztlich für sich selbst entscheiden, ob sie das will.

Jetzt geht es mit der Runde der besten 16 Mannschaften weiter. Was kommt da auf den HTV zu?

Ich stelle mich darauf ein, dass zwölf Mannschaften oder sogar noch mehr das Niveau von Leverkusen haben. Ich habe mich am Sonntag mit meinem Kollegen von Bayer unterhalten und habe fast eine Gänsehaut bekommen. Die trainieren zwölf Mal in der Woche, das ist eine ganz andere Welt. Da wirft eine Spielerin in der Woche 500 Mal aufs Tor, bei uns kommen vielleicht 100 Mal zusammen. Irgendwann ist es schwer, da mitzuhalten. Aber ich will versuchen. ein System zu entwickeln, um auch mit viermal Training imstande zu sein, diese Topvereine zu ärgern. Und es ist ja auch eine tolle Erfahrung, gegen die spielen zu können.

Wie geht es für Ihre Mannschaft jetzt nach den Herbstferien weiter? Alle Ziele dürften ja eigentlich schon erreicht sein.

Druck haben wir jetzt bestimmt nicht mehr, aber wir müssen immer daran glauben, auch gegen einen Großen gewinnen zu können. Wir wissen noch nicht, gegen wen wir in der Bundesliga antreten müssen, aber es wird drei Spiele geben: Im November, im Januar und im Februar. Aber am 31. Oktober beginnt zunächst die Oberliga, da haben wir bis Ende Januar insgesamt neun Spiele zu absolvieren.

Unbestritten ist, dass in Hemer außergewöhnliche Handballtalente versammelt sind. Kann man die überhaupt im Verein halten?

Natürlich ist die Gefahr groß, Spielerinnen zu verlieren. Aber Anfragen hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben. Wir haben vor drei Jahren den Plan aufgestellt, in die Bundesliga zu kommen und haben das mit einer Jungjahrgangsmannschaft geschafft. Wenn unsere Spielerinnen aus der A-Jugend herauskommen, werden sie reichlich Angebote bekommen. Deshalb brauchen wir in Hemer eine Frauenmannschaft, die zumindest in der Oberliga spielt.

Da wäre es hilfreich, schon in dieser Landesligasaison um den Titel mitzuspielen. Ist das realistisch?Ich habe zu Beginn der Vorbereitung gesagt, dass wir um den Aufstieg spielen können. Man hat darüber gelacht. Aber das muss das Ziel sein, dafür müssen wir arbeiten.Wie kann das mit einem nominell kleinen Frauenkader gelingen?

Für die A-Jugend ist die Oberligarunde nicht so extrem wichtig. Ich stelle mir vor, dort mit acht oder neun Spielerinnen anzutreten und die übrigen bei den Frauen spielen zu lassen, wenn es Terminüberschneidungen gibt. Ich glaube wirklich, dass der Aufstieg in die Verbandsliga möglich ist. Und wenn das klappen sollte, hätte man für unsere Jugendspielerinnen eine ganz andere Perspektive. Dann könnten sie es zu ihrem Projekt machen, mit dem HTV in die Oberliga aufzusteigen. Vielleicht sollten wir 2021 wieder einen Drei-Jahres-Plan machen. Wenn die Verbandsliga erst einmal erreicht ist, kann man das Ziel verfolgen, innerhalb von drei Jahren bis in die dritte Bundesliga zu kommen. Unrealistisch ist das nicht, denn mit der A-Jugend haben wir ein Riesenpotenzial.

Text: IKZ, Willy Schweer
Foto: IKZ, Dennis Echtermann

So bange Blicke haben Trainer Ivan Kavran, seine Spielerinnen und die Mitglieder des Betreuerstabs der A-Jugend des HTV gar nicht nötig. Das Team spielt im Konzert der Besten eine hervorragende Rolle.  Dennis Echtermann