HTV-Handballerinnen geben sich noch lange nicht auf
Punktloses Regionalliga-Schlusslicht auf der Suche nach Verstärkungen und der Wiedergewinnung des mentalen Willens

Christoph Schulte
Hemer „Zur Beginn der Vorbereitung waren wir sehr gut aufgestellt und alle optimistisch, dass sich die Regionalliga-Saison gut entwickeln würde“, blickt Vanessa Rohlf auf den nur wenige Monate zurückliegenden Beginn ihrer Trainertätigkeit bei den Handballerinnen des HTV Hemer zurück.
Inzwischen ist die Realität eine völlig andere: Der HTV Hemer ist nach sechs Spieltagen punktloses Schlusslicht der Liga, weist mit nur 127 die wenigsten geworfenen Tore, dafür bei den Gegentreffern mit 211 den höchsten Wert der gesamten Liga auf. Die knappsten Ergebnisse waren noch die Acht-Tore-Niederlagen zum Auftakt beim TuS Brockhagen (24:32) und zuletzt beim Königsborner SV (18:26).
Unruhe in der Mannschaft durch Ausfall von Leistungsträgerinnen
Die Gründe für den völlig missratenen Saisonstart sind vielschichtig, das weiß Vanessa Rohlf nur zu genau. „In erster Linie hatten wir, als ich hier angefangen habe, noch einen völlig anderen Kader. Dann brachen nach und nach mit Johanna Becker, Amrei Kleinkes und auch mir selbst vor allem aus Verletzungsgründen mehrere eingeplante Leistungsträgerinnen des Teams weg.“ Zuletzt habe auch noch Rückraumspielerin Zora Pfeil in zwei Partien gefehlt und Jeannette Körling den Verein inzwischen komplett verlassen. „So etwas bringt natürlich in eine junge Mannschaft wie unsere mehr Unruhe rein als in ein Team, das bereits seit zehn Jahren in der Regionalliga spielt.“

Erschwerend kommt hinzu, dass der Standort Hemer gefühlt nirgendwo in der Nähe liegt und somit ein potenzieller Neuzugang immer bereit sein muss, längere Anfahrten zum Training und zu den Spielen in Kauf zu nehmen.
Vanessa Rohlf , Trainerin HTV Hemer
Dass ausnahmslos Leistungsträgerinnen von den Ausfällen betroffen gewesen seien, habe die Sache naturgemäß nicht einfacher gemacht. „Jetzt müssen plötzlich Spielerinnen auf dem Feld Verantwortung übernehmen, die zuvor noch nicht den zusätzlichen Druck der Leistungsträgerinnen kannten“, sagt die HTV-Trainerin. Außerdem sei das Auftaktprogramm für ihre Mannschaft alles andere als einfach gewesen. Mit Ausnahme des HB Bad Salzuflen habe man bislang nur gegen Mannschaften gespielt, „die nicht unsere Kragenweite sind.“ „Und wenn dann noch Kleinigkeiten wie eine fragwürdige Schiedsrichterentscheidung, ein Pfostentreffer oder der eine oder andere technische Fehler hinzukommen, haben die Mädels leider früh, aus meiner Sicht häufig zu früh, die Köpfe hängen gelassen.“
Zusammenfassend nennt Vanessa Rohlf dann auch die momentane mentale Verfassung ihres Teams und den kleinen Kader als Hauptgründe für die sportliche Situation. Dementsprechend standen auch diese beiden Aspekte während der dreiwöchigen Spielpause im Fokus. In Sachen Personal gibt es dabei einen leichten Schimmer am Horizont. „Zora Pfeil wird in der nächsten Partie wohl wieder zur Verfügung stehen, und die ebenfalls aus einer Verletzung zurückkommende Nele Schäfer hat bereits zuletzt einige Einsatzminuten bekommen.“ Eher pessimistisch sieht die HTV-Trainerin dagegen einem eventuellen Comeback von Johanna Becker, Amrei Kleinkes und auch sich selbst entgegen. „Damit rechne ich eigentlich nicht.“ Deshalb sei man aktuell auch auf der Suche nach potenziellen, externen Verstärkungen. „Allerdings ist das mitten in der Saison gerade im Frauenbereich schwierig. Erschwerend kommt hinzu, dass der Standort Hemer gefühlt nirgendwo in der Nähe liegt und somit ein potenzieller Neuzugang immer bereit sein muss, längere Anfahrten zum Training und zu den Spielen in Kauf zu nehmen.“
Das mentale Aufbauen ihres Teams sei ein weiterer Schwerpunkt in den Übungseinheiten gewesen. „Die Mädels müssen erkennen, dass sie sich nicht so schnell aufgeben dürfen und dass mehr möglich ist, als sie glauben.“ Dazu greift Vanessa Rohlf auch schon gerne mal auf das Belohnungsprinzip zurück. „Nach dem ersten Durchgang einer Übung habe ich gefragt, ob das 100 Prozent waren. Im zweiten Durchgang schmerzte die Übung dann natürlich noch mehr, und die Leistungen gingen weiter zurück. Als ich vor dem dritten Durchgang dann gesagt habe, dass ich einen Kuchen backe, waren plötzlich die Ergebnisse sogar besser als am Anfang“, berichtet Rohlf mit einem Schmunzeln. „Hintergrund war einfach, dass ich den Mädels demonstrieren wollte, dass meist noch mehr geht, auch wenn der Körper eigentlich nicht mehr will.“
Bleibt zu hoffen, dass die HTV-Frauen das am 26. Oktober auch in der nächsten Meisterschaftspartie verinnerlicht haben, denn dann geht es im absoluten Kellerduell zum Vorletzten, der HSG Petershagen/Lahde, wo die Hemeranerinnen bei einem Sieg sogar zum ersten Mal in dieser Saison die rote Laterne abgeben könnten.
Text: IKZ, Christoph Schulte
Foto: Lothar Gudat