Gestern Felsenmeer, heute „deutsche Karibik“

Handballtrainer Pedro Alvarez reflektiert seine Zeit in Hemer und spricht über die Gegenwart in Aurich

Oliver Bergmann


Hemer Pedro Alvarez ist weder der Trainer mit der längsten Verweildauer auf der Bank des Handball-Verbandsligisten HTV Hemer, noch feierte er mit dem Team große Erfolge. Im Gegenteil: Am Ende seiner zweijährigen Schaffenszeit im Grohe-Forum wurde der Klassenerhalt in der Oberliga verpasst. Trotzdem genießt der Portugiese ein ungeheuer hohes Ansehen im Verein, den auch Alvarez selbst in sein Herz geschlossen hat. Als er am Wochenende mit seiner aktuellen Mannschaft OHV Aurich nach Hemer kam, ergab sich die Möglichkeit zu einem Interview.

Herr Alvarez, sieht das nur so aus, oder freuen Sie sich tatsächlich darüber, wieder hier zu sein?

Pedro Alvarez: Die Freude ist wirklich groß. Hemer ist ein wichtiger Ort in meinem Leben und in meinem Herzen. Und als klar war, dass wir hier spielen, war das schon emotional, denn Hemer war meine erste Station in Deutschland. Mich verbindet eine große Liebe zum Verein und zu den Leuten wie Spielern, Betreuern und Verantwortlichen. Bei ihnen allen muss ich mich bedanken, denn sie haben mir die Möglichkeit gegeben, in Deutschland zu arbeiten. Als das Angebot aus Aurich kam, war noch gar nicht klar, wie es beim HTV weitergeht. Dass ich gewechselt bin, hatte rein sportliche Gründe.

Wären Sie geblieben, wenn der Klassenerhalt in der Oberliga gelungen wäre?

Ja, zu hundert Prozent. Und es hat ja wirklich nicht viel gefehlt, ein kleiner Schritt, ein Punkt, ein einzelnes Tor gab ja den Ausschlag, dass wir abgestiegen sind. Als ich kam, war die Mannschaft Letzter. Dann haben wir viel gearbeitet und hätten es auch geschafft. Doch dann hat sich mit Philip Trattner einer unserer wichtigsten Spieler in einer entscheidenden Phase der Saison das Kreuzband gerissen. Auch Bastian Frenzel stand uns danach nicht zur Verfügung. Ein erfahrener Spieler hätte damals den Ausschlag geben können.

Verfolgen Sie den HTV noch?

Natürlich. Mit dem direkten Wiederaufstieg hat es leider nicht geklappt. Vielleicht gelingt es diesmal, aber es wird nicht einfacher, da weitere starke Mannschaften in die Liga gekommen sind. Im Sport ist aber alles möglich, und ich weiß, wie motiviert Bosko (Trainer Bosko Bjelanovic, Anm. d. Red.), die Spieler und alle anderen im Verein sind. Mit Bosko spreche ich immer noch viel und gerne. Es gibt ja jetzt auch neue Strukturen. Mein Wunsch ist, dass sie es schaffen.

Sind Sie denn in Aurich zufrieden?

Ich bin sehr zufrieden. Niemand wusste, in welche Richtung es für uns gehen würde, auch weil mit mir ein neuer Trainer kam. Vorher hat die Mannschaft dreimal in der Woche trainiert, im Moment trainieren wir siebenmal, obwohl der Kader nicht zu 100 Prozent aus Profis besteht. Aber das ist der Weg, um Höchstleistungen abzurufen. Dazu gehören auch Trainingslager wie jetzt in Hemer oder davor auf Norderney. So etwas hat es in Aurich vorher nicht gegeben, das motiviert den gesamten Verein. Nächste Woche nehmen wir noch an einem Turnier von Zweitligaaufsteiger TuS Vinnhorst teil, an dem noch andere Zweitligisten teilnehmen. Auch dadurch entwickeln wir uns weiter, nicht nur durch Siege und Punkte.

Läuft es denn auch sportlich nach Wunsch? In der Liga sprang immerhin Platz sieben heraus.

Man will ja immer mehr. Aber wir hatten einen schmalen Kader, unser bester Spieler ist nach Wetzlar gewechselt, ein wichtiger Spieler war verletzt. In der kommenden Saison wollen wir uns nochmal steigern.

Wie kam das Testspiel zwischen dem HTV und Ihrer Mannschaft überhaupt zustande?

Mein Freund Stefan Flügge hat es letztendlich angestoßen, er sagte: „Hey Pedro, Du musst kommen.“ Und wenn Stefan so ankommt, kannst du nicht Nein sagen.

Sie haben schon zu Hemeraner Zeiten häufig gesagt, dass Sie das Meer vermissen. Jetzt haben Sie es fast direkt vor der Haustür. Wie lebt es sich dort?

Was soll ich sagen? Ich wohne in der deutschen Karibik. Es ist wirklich ein ganz anderes Deutschland. Das fängt ja schon hinter Oberhausen an. Die Autobahn ist plötzlich leer – wo findet man sowas? Ich bin oft am Meer, dort kann ich mich prima erholen. Die Stadt ist auch schön. In erster Linie bin ich aber wegen des Handballs dorthin gegangen. Und mit allem zusammen bin ich sehr zufrieden.

Text: IKZ, Oliver Bergmann
Foto: IKZ, Oliver Bergmann

Pedro Alvarez hat seine Rückkehr nach Hemer sichtlich genossen. Auch seitens des HTV war die Freude über das Wiedersehen groß. Oliver Bergmann