HTV Hemer will den Stimmungsumschwung

Der Verein hat sich sportliche Kompetenz an Land gezogen. Große Hoffnungen ruhen auf Pedro Alvarez

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IKZ vom 13.06.2020
Text und Bild: Oliver Bergmann

Hemer Der HTV Hemer stand vor einem Jahr für Chaos und Querelen, einhergehend mit einer Saison zum Vergessen – zumindest in Bezug auf das Männer-Team, das in der Handball-Oberliga kaum Chancen auf den Klassenerhalt gehabt hat, bis die Corona-Krise übers Land hereinbrach. Die veranlasste den Handballverband Westfalen dazu, die Saison abzubrechen und keinen Verein absteigen zu lassen.

Nur deswegen haben sich die Fehler bei der Zusammenstellung des Kaders, dem zum Beispiel mit Niklas Springer, der sich dann auch noch frühzeitig eine schwere Schulterverletzung zuzog, nur ein Linkshänder angehörte, nicht gerächt. Und spätestens als klar war, dass auch Karol Zechmeister mit einem Kreuzbandriss die Saison verpassen würde, stand fest, dass Trainer Tihomir Knez und sein Assistent Martin Centini ein Himmelfahrtskommando leiten.

Der HTV im Frühsommer 2020 hingegen steht für Tatendrang, Demut und Zuversicht. Das zumindest versprüht die Vereinsführung mit Olaf Klein an der Spitze und Rüdiger Vorhoff als dessen Stellvertreter, der sich in erster Linie um Sponsoring und Marketing kümmert. Die sportliche Verantwortung liegt zudem in neuen Händen. Da wäre einmal Jan Thiele als Sportlicher Leiter, der sich zunächst ausschließlich um die erste Herrenmannschaft kümmert. Dann ist da Manuel Garcez, ein Spielerberater, der auch den Vorstand berät, ihm aber nicht angehört. Und über allem strahlt der neue Trainer: Pedro Alvarez, 46-jähriger Portugiese und ausgewiesener Fachmann mit einem feinen Händchen bei der Entwicklung junger Spieler.

Alvarez war in seiner Heimat unter anderem für den nationalen Verband im Nachwuchsbereich sowie bei Benfica Lissabon tätig. Losgeeist haben ihn die HTV-Verantwortlichen schließlich vom ambitionierten österreichischen Zweitligisten HC Bruck und dabei auch noch Erstligist HSG Graz das Nachsehen gegeben, der Alvarez gerne die Leitung seiner Nachwuchsakademie übertragen hätte. „Wir hatten einige Vorarbeiten zu leisten, damit der Wechsel klappt“, beschreibt Vorhoff. Die wichtigste Weichenstellung war eine Arbeitsstelle für Alvarez, der sowieso mit einem Engagement in Deutschland liebäugelte und nun laut Garcez der erste und einzige ausländische Trainer in der vierten Liga ist.Ernüchterung bei der Suche nach externen Verstärkungen

Alvarez wird nach den Sommerferien als Lehrer arbeiten. An welcher Schule das sein wird, soll in Kürze geklärt werden. Keinen Klärungsbedarf gibt es zwischen Trainer und Vorstand. „Unsere Vorstellungen zur Zukunft des HTV sind deckungsgleich“, freut sich Vorhoff. Anlass zur Euphorie gibt es aber keinen. Das Jahr des Grauens hat Spuren hinterlassen – vor allem in der Außenwahrnehmung des Vereins. Das bekam Manuel Garcez schon im November zu spüren, als er begann, eine Liste abzuarbeiten, auf der die Namen von mehr als 30 möglichen Neuzugängen standen. „Alle hatten irgendeinen Bezug zur Region oder zu Hemer“, schilderte der Vorstandsberater. Doch dabei kam aus verschiedenen Gründen keine einzige Zusage heraus. Garcez nennt die häufigsten drei: „Erstens: Unsere sportliche Situation. Wir hatten einen schweren Stand, weil wir nicht garantieren konnten, dass wir auch nach der Saison weiterhin Oberligist sein werden. Zweitens: Die Unruhe im Verein, von der die Kandidaten nicht glaubten, dass Besserung eintritt. Und drittens scheiterte es auch am Geld. Offenbar hat der HTV den Ruf, Gehälter auf Drittliganiveau zu zahlen.“

Aus dieser Erfahrung heraus ist laut Olaf Klein die Idee entstanden, die Sache anders anzugehen, und den Spielern den HTV wieder schmackhaft zu machen. So kam Pedro Alvarez ins Spiel, verbunden mit der Hoffnung, dass junge Handballer gerne unter ihm spielen möchten. Doch Jan Thiele musste bereits die Erfahrung machen, dass die zu bohrenden Bretter dick sind. „Wir haben nach der Verpflichtung des Trainers nochmal mit den Spielern von unserer Liste gesprochen, aber zu diesem Zeitpunkt standen sie bei ihren Vereinen bereits im Wort. Das respektieren wir natürlich.“

Wie aber könnte das HTV-Team für die Saison 20/21 aussehen? Vorhoff hat klare Vorstellungen: „Wir werden versuchen, ein schlagkräftiges Team auf die Beine zu stellen. Insgesamt drei, vier externe Spieler sollen kommen, darunter zwei Linkshänder, ein Deckungsspieler und ein Torwart. Außerdem wollen wir Bastian Frenzel und Jonas Brieden weiterentwickeln. Sie dürfen nicht wieder so sehr im Regen stehen wie zuletzt.“ Aus der eigenen A-Jugend rücken Alexander Wizy (Torhüter), Elias Lübbering, Matthias Sahlmann und David Wizy auf, die bereits im „Stahlbad“ Oberliga zu Einsatz kamen.Zweite Mannschaft soll schnell raus aus der Kreisliga

Künftigen Spielergenerationen soll der Wechsel vom Jugend- in den Seniorenbereich noch angenehmer gestaltet und dazu die zweite Mannschaft gestärkt werden. Die Kluft zwischen HTV I und HTV II soll verringert werden – natürlich indem die zweite Mannschaft höher spielt. Den Verantwortlichen schwebt mindestens die Bezirksliga vor, ideal wäre die Landesliga. Zuletzt wurde die zweite Mannschaft, um die sich Volker Isenberg kümmern wird, Vorletzter in der Kreisliga.