Siegesjubel weicht dem großen Frust

HTV Hemer landet überzeugenden Erfolg gegen Isselhorst, aber dennoch droht der Abstieg

Mati Sahlmann war mit sieben Toren bester Werfer des HTV Hemer.                                                <b>DENNIS ECHTERMANN</b>
Mati Sahlmann war mit sieben Toren bester Werfer des HTV Hemer.  
DENNIS ECHTERMANN

Willy Schweer

Hemer Ein paar Minuten zuvor hatte er noch sehr zufrieden den schwungvollen Auftritt seiner Mannschaft kommentiert, doch als er die Halle verließ, stand Pedro Alvarez die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Das ist der bitterste Sieg, den ich seit Jahren erlebt habe. Es ist vorbei.“ Der HTV Hemer machte zwar seine Hausaufgaben gegen Isselhorst, aber die Ergebnisse der Konkurrenz fielen derart ungünstig aus, dass auch bei einem Sieg im Saisonfinale gegen Bielefeld der Abstieg droht. Denn dass das abgeschlagene Schlusslicht Isselhorster in seinem finalen Auftritt die Ferndorfer Reserve bezwingt, ist nicht eben wahrscheinlich. 

Handball, Oberliga-Abstiegsrunde: HTV Hemer – TV Isselhorst 33:21 (17:11). 

Erfolgsdruck haben die Hemeraner seit Wochen, und man merkte der jungen Mannschaft im Laufes dieses Spiels an, wie gut es tut, einmal unbeschwert aufspielen zu können. Denn die Frage nach dem Sieger war schnell geklärt. Die Ostwestfalen bemühten sich zwar, einigermaßen mitzuspielen, aber letztlich konnten sie in vielen Aktionen nicht verheimlichen, dass sie sich gedanklich längst aus der Oberliga verabschiedet haben. Dass sie den HTV frühzeitig ziehen lassen mussten, lag auch an dessen Torhüter Marko Jurakic, der in der ersten Viertelstunde ein halbes Dutzend glänzender Paraden zeigte. Das nervte einen ohnehin nicht sonderlich motivierten Gegner natürlich.Große Spielfreude, weil der Sieg schon früh feststeht

Jurakic beendete seinen Arbeitstag schon vor der Pause, aber auch Dominik Bock und später Alexander Wizy verdienten sich einige Male Szenenapplaus. Als die Hemeraner im ersten Durchgang allmählich davon zogen, konzentrierte sich der sportliche Berater Stefan Flügge auf sein Smartphone und den Liveticker vom Spiel Bielefeld gegen Gevelsberg. Das Remis war die erste schlechte Nachricht des Tages, denn die Gevelsberger kann der HTV nun nicht mehr einholen.

Der Spielfreude der Mannschaft tat das gegen das überforderte Schlusslicht aber keinen Abbruch. Pedro Alvarez sah man auf der Bank so entspannt wie lange nicht, weil seine Mannschaft flüssig kombinierte, die vielen Deckungslücken gut nutzte und im Vorgefühl des sicheren Sieges auch einige Kunststücke einfließen ließ. Das wurde vom Publikum auch goutiert, das diesmal den kompletten Kader auf dem Feld zu sehen bekam.

Dieses Spiel bot die vortreffliche Gelegenheit, die Youngster ins Rennen zu schicken. Und die spielten forsch auf, wobei sich Mati Sahlmann als Toptorschütze hervortat.

Beim Abpfiff durfte der Sieg noch kurz gefeiert werden, doch als Brakes Niederlage gegen Ferndorf die Runde machte, war die Ernüchterung groß. Die Partie gegen Bielefeld könnte das vorerst letzte Oberligaspiel des HTV werden.

Entwicklung verdient Lob

Willy Schweer

Endet am kommenden Wochenende das Oberliga-Kapitel für den HTV Hemer? Es sieht danach aus, denn dass ausgerechnet der TV Isselhorst zur erforderlichen Schützenhilfe fähig ist, erscheint reichlich unwahrscheinlich. Der HTV ist jedoch nicht in der Abstiegsrunde in diese missliche Situation geraten, sondern durch seine erfolglose zweite Serie der Hauptrunde.

Unabhängig davon, wie die Würfel am kommenden Wochenende fallen, muss man der Mannschaft ein Kompliment für ihre Leistung in dieser Saison machen. Mehr war kaum machbar. Ein Verein, der so sehr auf die Jugend setzt, braucht schon eine Portion Glück, um das Klassenziel zu erreichen. Philip Trattners Kreuzbandriss war wohl der entscheidende Schlag ins Kontor. Immerhin hatte die Mannschaft bis zum vorletzten Spieltag der Abstiegsrunde alles selbst in der Hand.

Man darf den Verband im übrigen dafür loben, dass er in der Oberliga diesen Modus gewählt hat – trotz planerischer Fehler wie dem zersplitterten Finaltag. Jedenfalls ist diese Variante besser als in einer von Corona beeinflussten Saison Ligen zu verkleinern und mehr Staffeln einzurichten. Es wäre sicher interessant gewesen, wie sich der TV Lössel in einer Landesliga-Abstiegsrunde geschlagen hätte.

Für die Zukunft, in der Corona hoffentlich keine Probleme mehr bereitet, sollte aber daran gearbeitet werden, den Handballern angemessene Präsenz zu verschaffen und Staffeln eher zu vergrößern. Wer nicht einmal an der Hälfte aller Wochenenden des Jahres um Punkte spielt und vier Monate ganz von der Bildfläche verschwindet, kann auch in Vergessenheit geraten.

Ohne einen Isselhorster Sieg geht gar nichts

Hemer Die Rechnung des HTV Hemer lag vor der Partie gegen Isselhorst auf der Hand. Eigene Siege gegen das Schlusslicht und beim Showdown gegen Bielefeld/Jöllenbeck waren natürlich Pflicht, und dazu hatte man am Samstag auf einen Bielefelder Sieg gegen Gevelsberg sowie möglichst auch die Braker Schützenhilfe gegen Ferndorf II gebaut. Beide Wünsche gingen nicht in Erfüllung.

Ein Sieg der Jöllenbecker hätte aber gereicht, denn diesen Kontrahenten können die Hemeraner am nächsten Samstag überflügeln. Und die Gevelsberger wären bei 19:13 Punkten stehen geblieben, die auch der HTV erreichen kann. Aber für den hätte in diesem Fall der bessere direkte Vergleich gesprochen.

Jetzt hilft ein Sieg am kommenden Samstag (19 Uhr, Grohe-Forum) nur weiter, wenn einen Tag später (Anwurf: 17 Uhr) das in der Abstiegsrunde noch sieglose Schlusslicht TV Isselhorst den TuS Ferndorf II bezwingt. Wegen des schlechteren direkten Vergleichs reicht ein Remis nicht aus. Die Ausgangslage für Bielefeld/Jöllenbeck ist im übrigen identisch, ein Sieg in Hemer wäre ohne die Isselhorster Schützenhilfe wertlos. wis

HTV Hemer – TV Isselhorst: Teams, Tore, Trainerstimmen

HTV: Jurakic (ab 23. Bock / ab 48. A. Wizy); Brieden (3), Luzyna (2), Brückner (1), Bjelanovic, Frenzel (4/1), Ostermann (2), Sahlmann (7), Schroth, Lübbering (3), Spiekermann (3), Wörtler (1), Ilicsin (5/1), D. Wizy (2). TVI: Gerloff, Vienenkötter; Vossen, Grabmeier (4), Reckmann (3), Höcker (2), Braunsmann (6), Eweler, Niehage, Kollenberg(1), Wieneke (3), Dallmann (2).

Spielverlauf: 3:1 (5:9, 8:3 (13.), 12:6 (20.), 15:10 (28.), 22:12 (36.), 27:14 (48.), 29:19 (54.). – Zeitstrafen: HTV 3 – Isselhorst 4 – Zuschauer: 300. 

Pedro Alvarez (HTV): „Die Mannschaft war absolut motiviert und hat gut gespielt. Es war endlich einmal ein entspanntes Handballspiel, und alle konnten ihre Spielanteile bekommen. Ich freue mich, dass David Wizy sein Comeback geben konnte.“

Michael Jankowski (TVI): „Man merkt, dass wir seit Wochen nicht trainieren. Wir haben uns viele Chancen herausgearbeitet, sie aber nicht genutzt. Da fehlt einfach die Sicherheit. Das war heute kein so gutes Spiel von uns, aber wir bringen das jetzt zu Ende.“

Text: IKZ, Willy Schweer
Foto: IKZ, Dennis Echtermann