Ein Oberliga-Traum ist in Erfüllung gegangen

Verpasster Aufstieg der Männer belastet die HTV-Jahresbilanz. Frauen machen sich häufig selbst das Leben schwer

Oliver Bergmann

Die T-Shirts verraten es: Das Jahr 2023 wird für die Handballerinnen des HTV Hemer immer in engem Zusammenhang mit Verbandsliga-Meisterschaft und Oberliga-Aufstieg stehen.   Lothar Gudat

Bosko Bjelanvic: Er verpasste mit den Männern den Oberliga-Aufstieg, durfte aber bleiben. Lothar Gudat
Dirk Niedergriese: Unter ihm stiegen die Frauen in die Oberliga auf, trotzdem kam es zur Trennung. Bergmann

Hemer „Handball-Verbandsligist HTV Hemer“: Mit Blick auf die Männer-Mannschaft sollte diese Bezeichnung eigentlich nur bis Mitte dieses Jahres Gültigkeit haben. Doch die sofortige Rückkehr in die Oberliga nach dem Abstieg 2022 gelang nicht. Die entscheidenden Punkte gingen rund um den Jahreswechsel verloren. 4:6 Zähler kamen in den fünf Partien zwischen Mitte Dezember und Ende Februar zustande, vorentscheidend war die 29:30-Heimniederlage gegen den späteren Meister Westfalia Hombruch.

Bemerkenswert war die Ruhe, die der Vorstand angesichts dieses Misserfolgs nach außen hin ausstrahlte. Bosko Bjelanovic, der als Trainer neu im Geschäft war, wurde zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Stattdessen verkündete Gordon Brehl, der während der Saison neu zum Vorsitzenden gewählt wurde, mitten in dieser Phase, in der es nicht rund lief, die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem gesamten Trainerteam über das Saisonende hinaus an. Frühzeitig holte sich der HTV entscheidende Zusagen für die folgende Saison ein – von Spielern, die bereits zum Team gehörten, und von denen, die es verstärken sollten.

Rückkehrer Jonas Brieden stopft Bastian Frenzels Lücke

Ein Wermutstropfen war zweifelsfrei das berufsbedingte Ausscheiden von Kapitän Bastian Frenzel, für ihn kam jedoch mit Jonas Brieden ein alter Bekannter zurück. Elf Spieltage sind in der laufenden Saison absolviert, die Ausbeute ist besser als zum selben Zeitpunkt der vorangegangenen Runde. 22/23 wurden durch drei Niederlagen sechs Punkte abgegeben, bislang stehen neben acht Siegen zwei Unentschieden und nur eine Niederlage in der Bilanz. Mit der HSG Gevelsberg-Silschede steht nur eine Mannschaft besser da und beide direkten Duelle stehen noch aus. Der Tabellenführer gibt sogar im ersten Spiel 2024 seine Visitenkarte im Grohe-Forum ab. Damit ist die Aussicht auf das kommende Jahr nahezu identisch mit der auf das nun zu Ende gehende: Ob die Mission Aufstieg gelingt, wird sich vielleicht schon in den ersten Spielen zeigen.

Obwohl erfolgreicher, verlief das Jahr der Frauen turbulenter. Es begann mit einen Schock: Bei einem Turnier in Hohenlimburg verletzte sich Topspielerin Johanna Becker schwer am linken Knie: Längsriss des linken Außenmeniskus, Zerrung des Außenbandes, Riss des vorderen Kreuzbandes und ein Knorpelschaden. Mit Amrei Kleinkes fiel eine weitere Leistungsträgerin ebenfalls wegen einer Knieverletzung wochenlang aus.

Es folgten Niederlagen. Die kamen zwar nur vereinzelt zustande, sorgten aber für eine gewisse Spannung im Aufstiegsrennen – und für Nervosität hinter den Kulissen. Die Zusagen der Spielerinnen für die Saison 23/24 galten größtenteils nur für die Oberliga. Obwohl dieses Ziel letztendlich vorzeitig erreicht wurde, kam es im Mai nach nur einem Jahr zur Trennung von Trainer Dirk Niedergriese. Die Nachfolgesuche erwies sich als zäh.

Nach starkem Saisonstart kommt die Konstanz abhanden

Der im Frauenhandball unerfahrene Florian Müller, der Mitte Juni zusagte, war nicht die erste Wahl. In der neuen Liga fand sich das Team zunächst ganz gut zurecht, die 6:2 Punkte zum Start hätten sie beim HTV wohl schon im Vorfeld so unterschrieben. Doch dann stellten sich Schwankungen ein: Mal findet das Team über die gesamten 60 Minuten keinen Zugriff auf das Spielgeschehen, mal geht für einige Minuten nichts. Phasen wie diese nutzen die Gegnerinnen in der Oberliga eiskalt aus.

Vor allem zu Hause ist der Wurm drin: Von sechs Partien im Grohe-Forum wurde nur eine gewonnen. Und kurz bevor sich mit dem stark abstiegsbedrohten HSV Minden Nord ein vermeintlich idealer Aufbaugegner am Sauerlandpark vorstellen sollte, wurde das Team der Ostwestfälinnen vom Spielbetrieb zurückgezogen.

Das Saisonziel Klassenerhalt sollte dennoch kein Problem darstellen. Die Rückrunde hat bereits begonnen und das Team geht die restlichen Partien mit einem positiven Punktekonto an – sowie mit einer gesunden und treffsicheren Johanna Becker an Bord.

Text: IKZ, Oliver Bergmann
Fotos: Lothar Gudat, Oliver Bergmann