Eindrucksvolle Dominanz des Meisterteams

Die Handballerinnen des HTV Hemer haben die Landesliga-Konkurrenz deklassiert und noch einiges vor

Willy Schweer

Hemer Wer an den Saisonausblick der Verantwortlichen zurückdenkt und dann auf die Abschlusstabelle schaut, kann sich nur verwundert die Augen reiben. Damals, Ende August letzten Jahres, hatte Boris Schroth als Teammanager der Landesliga-Handballerinnen des HTV Hemer vorgegeben, mit dem Abstieg nichts zu tun haben zu wollen und eine sorgenfreie Saison zu spielen. Das hat geklappt: Mit 44:0 Punkten sicherte sich der HTV überlegen den Titel und steigt in die Verbandsliga auf.

„Das war damals schon etwas Tiefstapelei, aber wir wussten auch nicht genau, was auch uns zukommen würde.“ Er erinnert an die ersten Spiele, als die Mannschaft doch etwas Respekt zeigte und nicht zuletzt an das knappe 28:27 am vierten Spieltag beim VTV Freier Grund, als tatsächlich eine Niederlage drohte. Normalität wurden aber die deutlichen Siege, und immerhin viermal gelangen der Mannschaft mehr als 40 Treffer: In den Heimspielen gegen den TV Halingen (48:18), die HSG Wetter (43:16) und ETG Recklinghausen (44:11) sowie beim Gastspiel in Ruhrtal (40:18). Weil gegen diese Ausnahmemannschaft nicht nur eine Niederlage sondern oft genug auch eine derbe Abfuhr drohte, hatten einige Gegner keine Lust auf den Vergleich mit den Hemeranerinnen. Vier Kontrahenten traten gar nicht erst an, was vor allem am Finaltag mit der Meisterehrung für Verstimmung sorgte, als die SG Attendorn/Ennest lieber daheim blieb.Entscheidende Weichenstellung ist vor zwei Jahren erfolgt

Der Erfolgsweg dieses HTV-Ensembles hatte seinen Ursprung vor zwei Jahren, als die Trainer Ivan Kavran und Oliver Landsiedel die Anleitung der Landesliga-Handballerinnen übernahmen. Es gab den großen personellen Umbruch, der sich im Meisterschaftsbetrieb aber erst ein Jahr später bewähren konnte. Coronabedingt gab es keine reguläre Saison, und für ein Aufstiegsspiel wurde der HTV nicht zugelassen. Aber der weitere Weg dieser Mannschaft war vorgezeichnet, schließlich wurde sie zum großen Teil von den in der Bundesliga spielenden A-Jugendlichen gebildet, und die bürgen für Qualität.

Aus der früheren ersten Mannschaft blieben noch Nadine Klapper, Fabienne Kirchhoff und Jessica Menze, dazu kamen die erst kurz zuvor in den Seniorenbereich aufgerückten Esther Rüffert, Charlotte Paschedag und Lisann Rohe. Mit einem Doppelspielrecht ausgestattet kamen aus der A-Jugend vom Jahrgang 2003 die Torhüterinnen Marie Remmert und Marie Remer, die Rückraumspielerinnen Sidney Lupisella und Sarah Remer, Kreisläuferin Lea Basener sowie die Außen Frida Schmöle und Valentina Stein hinzu. Zum Jahrgang 2004, der auch in der kommenden Saison noch in der A-Jugend spielberechtigt ist, gehören Nele Schäfer, Johanna Becker, Louisa Silva Marques Pais (Rückraum), Lenia Pokroppa und Natascha Schroth (Außen) sowie Kreisläuferin Amrei Kleinkes.

Für viele von ihnen wurde es eine Saison mit ungewöhnlich hoher Belastung, weil es viele Wochenenden mit dem Doppeleinsatz in der A-Jugend und in der Frauen-Landesliga gab. „Bei den Heimspielen war die Motivation immer hoch, aber wenn man nach der A-Jugend-Bundesliga am Samstag einen Tag später bei einer Frauenmannschaft antreten muss, die gar nicht richtig mitspielen will, konnte die Lust schon mal verloren gehen“, berichtet Schroth, der auch auf die sich häufenden Verletzungen in der Endphase der Saison hinwies. „Da waren die Akkus wirklich leer, das hat man gespürt.“Neuer Trainer und vier neue Gesichter im künftigen Kader

Mit Blick auf die neue Saison wird sich einiges ändern beim HTV, und das beginnt beim Trainer. Ivan Kavran verlässt Hemer, seine Aufgabe übernimmt Dirk Niedergriese. Dem werden Oliver Landsiedel und Marco Fritzsche zur Seite stehen. Auch Boris Schroth gibt sein Amt ab, doch es bleibt in der Familie – bei Ehefrau Tatjana. Vom bisherigen Kader werden Nadine Klapper, Charlotte Paschedag und Jessica Menze aufhören, und Sydney Lupisella wechselt zu Borussia Dortmund in die dritte Liga. Der Rest, der durch vier externe Neuzugänge verstärkt wird, nimmt die Verbandsliga in Angriff und dürfte dort eine gute Rolle spielen können. „Aber ein Durchmarsch ist nicht realistisch, dazu ist die Konkurrenz zu starke“, betont Boris Schroth.

Die A-Jugendlichen im Kader werden aber nur noch in der Bundesliga spielen und dabei Gesellschaft von Spielerinnen bekommen, die ein Zweitspielrecht für die Bundesligaeinsätze beim HTV besitzen. Die A-Jugend-Oberliga soll schwerpunktmäßig von den aufrückenden B-Jugendlichen bestritten werden. Weil die Mannschaft weitgehend zusammenbleibt, besteht in Hemer die berechtigte Hoffnung, dass die Spielerinnen der Jahrgänge 2003 und 2004 die Basis bilden, um im Frauen-Handball einen echten Höhenflug zu starten. Wie einst die Männer, die nicht zuletzt dank der „goldenen Generation“ um Moritz Frenzel, Max Klein oder Lukas Rosenbaum von der Landesliga in die Oberliga durchstarteten.

Die HTV-Frauen machten schon Anfang April den Meistertitel in der Landesliga durch das 44:11 gegen ETG Recklinghausen perfekt.  Privat

Text: Willy Schweer