Neues Leben mit einer Organspende

Marius Schaefer warb als Betroffener beim HTV für den lebensrettenden Spenderausweis

Ralf Engel


Hemer Die Zahlen sind erschreckend: Rund 8500 Menschen hoffen in Deutschland auf eine Organspende. Wer eine neue Niere braucht, wartet im Schnitt rund neun Jahre. Täglich versterben drei Menschen auf den Wartelisten, vergeblich haben sie auf einen Lebensretter gehofft. „Das ist alles sehr tragisch“, sagt Marius Schaefer, und er will das ändern. Als Teil des Vereins „Junge Helden“ wirbt der 23-Jährige für die Organspende, so am Samstag beim HTV-Heimspiel im Grohe-Forum.

Marius Schaefer geht in Schulen, Betriebe, Universitäten, war bei Stern-TV und im Bundestag zu Gast, informiert auf Instagram, hält Vorträge und erzählt seine ganz persönliche Geschichte. Denn das kann er nur, weil eine Organspende sein junges Leben gerettet hat. 2012 war der Oeventroper der erste Mensch in Deutschland, der eine Lebendlungenspende bekommen hat. Mit elf Jahren stand er ganz oben auf der Warteliste, doch es fand sich kein Spenderorgan. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich dramatisch. Seine Eltern spendeten ihm schließlich jeweils einen Teil ihrer Lunge, es war seine letzte Chance. „Jetzt kann ich ein ganz normales Leben führen, wie ich es mir immer gewünscht habe“, erzählt er im Grohe-Forum.

Und zu diesem ganz normalen Leben gehört das Werben für die Organspende. Viel Zeit opfert der Student der Sonderpädagogik, um andere zu informieren. „Ich möchte niemanden dazu zwingen, sich als Organspender auszuweisen – ich möchte nur aufklären“, sagt er und betont: „Entscheidend ist die Entscheidung.“ Und die besteht aus einem kleinen Kärtchen, auf der die Bürger erklären, ob und wann welche Organe ihnen im Todesfall entnommen werden dürfen.

Keine Mehrheit für die Widerspruchslösung

Für die Widerspruchslösung hatte sich Marius Schaefer eingesetzt, doch die fand bei der entscheidenden Abstimmung im Bundestag keine Mehrheit. Die Mehrheit der Abgeordneten war auf der Seite derjenigen, die das Schweigen eines Menschen zur Frage, ob er Organe spenden will oder nicht, keineswegs als Ja gewertet sehen wollten. Im Importieren von Organen sei Deutschland Europameister, aber letzter im Export. „Die Politik legt uns Steine in den Weg“, beklagt er.

Ich möchte niemanden dazu zwingen, sich als Organspender auszuweisen – ich möchte nur aufklären.

Marius Schaefer, Team „Junge Helden“

Ohne die Widerspruchslösung wie in Spanien, Österreich oder den Niederlanden, bleibt der mühsame Weg, jeden einzelnen möglichen Spender zu gewinnen. Denn diese Bereitschaft muss schriftlich festgehalten werden. Organe dürfen nur entnommen werden, wenn die Person zu Lebzeiten aktiv zugestimmt hat oder Angehörige das nach ihrem Tod erklären. In vielen Fällen wissen die Angehörigen aber nicht, ob die Verstorbenen ihre Organe spenden wollten.

„Viele setzen sich nicht gerne mit dem Thema auseinander“, ist seine Erfahrung aus vielen Gesprächen. Die mangelnde Aufklärung erlebt er auch im Grohe-Forum. Über seine Schwester Nele, die in der Damenmannschaft spielt, war der Kontakt zum HTV zustande gekommen. Mit Spielern und Zuschauern kommt der 23-Jährige im Foyer ins Gespräch. Viele nehmen sich den Organspenderausweis mit. Ob sie ihn auch ausfüllen und bei sich tragen werden, bleibt offen.

Für Bianca Antonelli ist das keine Frage. „Ich finde es sehr wichtig, es ist ein gutes Zeichen“, sagt die Hemeranerin. Sie hat sich seit 2020 zur Organspende bereit erklärt, trägt den Ausweis bei sich und nun auch ein unübersehbares Tattoo.

Kostenlose Tätowiertermine allesamt ausgebucht

Das „Opt.Ink“-Symbol hat sie sich am Samstag von Karina Zutter vom „Beauty drive“ stechen lassen, die sich ebenfalls für die Organspende engagiert. Das Tattoo kennzeichnet sie jetzt zusätzlich zum Ausweis als Organspenderin. Das Design des Tattoos soll das Geschenk des Lebens symbolisieren, so der Verein „Junge Helden“. Der Grundgedanke der Aktion ist aber vor allem, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. 

Das ist Marius Schaefer und dem HTV am Samstag gelungen. Alle kostenlosen Tätowiertermine waren ausgebucht. Auch Kerstin Litzinger hat einen dieser Termine ergattert: „Ich finde es ein ganz wichtiges Thema, sehe in der Pflege sehr viel, da ist der Spenderausweis fast selbstverständlich“, sagt die Hemeranerin.

Text/Foto: IKZ, Ralf Engel


Beim HTV warben Lars Schaefer (v. li.), Karina Zutter und Marius Schaefer für die Organspende. Ralf Engel